Wir alle kennen sie - die Clickbait-Überschriften von Motivations- und Marketingtalenten aus dem Scoial Web: "In nur 21 Tagen neue Gewohnheiten etablieren", "Wie du in 5 Tagen mit dem Rauchen aufhörst", "Wie du dein Gehirn programmierst, das Fitnessstudio zu lieben",...
Im Kanon der Selbsthilfeindustrie und illusorischen Selbstdarstellung auf Social Media scheint das Entwickeln guter Gewohnheiten nur noch eine Sache zu sein, für die man sich lediglich entscheiden muss. Meistens beginnt (und endet) die Entscheidung mit dem Erwerb eines teuren Coaching-Programms. Und dann: Let the magic happen. Mit der Hoffnung auf mühelose Veränderung lassen sich Neujahrsvorsätze 365 Tage im Jahr monetarisieren. (Zur Erinnerung: Etwa 80% der Neujahrsvorsätze schlagen innerhalb der ersten 30 Tage fehl.)
Statt uns also weiter an Hoffnungen zu hangeln und mit halbherzigen Vorhaben selbst hinters Licht zu führen, sollten wir besser über Wahrheiten reden. So gut es auch klingt, sich mit einem einfachen Hack oder ein paar Affirmationen zu einem gesünderen, sportlicheren, gütigeren und umweltbewussteren Menschen zu transformieren, kommen wir nicht umhin, der Realität ins Gesicht zu sehen - insofern wir es mit unseren Vorhaben tatsächlich ernst meinen. Die Wahrheit ist, dass es weder eine schnelle Lösung noch eine universelle Formel gibt, gute Habits aufzubauen.
Das liegt zum einen daran, dass die Bildung von Gewohnheiten zunächst einmal eine sehr persönliche Sache ist. Obwohl die Gewohnheitsbildung sich in einem gewissen neurobiologischen Rahmen beschreiben lässt, wird unser individueller Weg zum Erfolg von unserem eigenen Wissens- und Erfahrungsschatz beeinflusst. Um herauszufinden, welche Herangehensweise für uns die beste ist, müssen wir zunächst akzeptieren, dass nicht immer alles nach Plan laufen wird - ganz nach dem Trial-and-Error-Prinzip.
Deshalb ist die fixe Idee, dass es 21 Tage dauert, um neue Habits zu entwickeln recht irreführend. Laut einer Studie des University College London liegt die durchschnittliche Zeitspanne, bis sich eine neue Gewohnheit etabliert hat, bei 66 Tagen. Je nach Art der Gewohnheit und dem Aufwand, den wir dafür betreiben müssen, kann der Zeitraum zwischen 18 und 254 Tagen variieren. (Das gleiche gilt übrigens auch für das Ändern einer schlechten Angewohnheit.)
Um zu erfahren, was wirklich nötig ist, um ein neues Habit zu entwickeln, sollten wir uns zunächst die Mechanismen in unserem Gehirn ansehen, die dabei ablaufen.
Der Habit-Kreislauf
Der Habitkreislauf ist ein dreiteiliges Modell, das uns veranschaulicht, wie das Gehirn über einen länger andauernden Zeitraum und mit regelmäßigen Wiederholungen aus einem neuen Verhalten eine automatisch ablaufende Gewohnheit bildet. Ein Großteil der Forschung zu diesem Phänomen wurde von Dr. Ann Graybiel am Massachusetts Institute of Technology geleitet. In den späten 90er Jahren begannen Graybiel und ihr Team zu erforschen, wie bestimmte Faktoren, bspw. Verhaltensauslöser und positive Verstärkung, die Gewohnheitsbildung im Gehirn fördern.
Auf neurologischer Ebene beginnt ein neues Verhalten im präfrontalen Kortex. Das ist der Teil unseres Gehirns, der für Bewusstsein und kognitives Denken zuständig ist. Eine neues Habit zu entwickeln, ist deshalb zunächst ein Lernprozess, der unserem Gehirn viel Energie kostet. Daher fühlt sich ein neues Verhalten besonders am Anfang anstrengend an. Doch es gibt Hoffnung!
Wenn wir den Habitkreislauf nur oft genug wiederholen, werden statt der Großhirnrinde nun mehr und mehr die Basalganglien für die Ausführung dieses Verhaltens beansprucht. Dieser Bereich in unserem Gehirn wird mit instinktivem Verhalten und Routinehandlungen assoziiert. Mithilfe der Verlagerung des Verhaltens vom präfrontalen Kortex in die Basalganglien spart unser Gehirn Energie ein. Und genau das ist auch der Grund, warum es uns nach einer gewissen Zeit keine Mühe mehr macht, neuen Gewohnheiten nachzugehen.
Der Auslösereiz: Angenommen, du willst dir angewöhnen, jeden Tag deine Vitamine einzunehmen (Wir wissen, was gut ist ;-)). Besonders am Anfang braucht dein Gehirn eine Art Erinnerung, ein Signal, um die Einnahme deiner Vitamine zu einem Teil deiner täglichen Routine werden zu lassen. Dieses Signal dient als Auslösereiz für dein neues Verhalten.Für welche Erinnerung du dich dabei entscheidest, liegt ganz bei dir. Wissenschaftler empfehlen, dass das Signal regelmäßig und bestenfalls immer zur gleichen Tageszeit ausgelöst werden sollte. Beispielsweise könntest du das morgendliche Klingeln deines Weckers oder eine Erinnerung auf deinem Smartphone nutzen, mit deinem Habit zu starten. Pro-Tipp: Untersuchungen haben ergeben, dass es einfacher ist, eine Gewohnheit aufzubauen, wenn du sie mit einer anderen, gut etablierten Gewohnheit oder Routine verbindest. Das ganze nennt sich dann "Gewohnheitsstapelung". Unser Vorschlag: Du könntest deine Vitamine direkt in deine tägliche Morgenroutine einbauen. Oder einfach neben deine Kaffeemaschine stellen.
Habit: Als nächster Teil im Habitkreislauf folgt das Habit selbst, wobei das neue Verhalten einfach als Reaktion auf den von dir gewählten Auslösereiz ausgeführt wird. Das Ziel hierbei ist es, dass sich das Verhalten bei ausreichender Wiederholung zu einer automatischen Reaktion entwickelt: dein neues Habit!
Belohnung: Dr. Graybiel und ihr Team haben festgestellt, dass eine positive Verstärkung, also eine Belohnung, für das Erlernen neuer Gewohnheiten von entscheidender Bedeutung ist. Sie trägt wesentlich dazu bei, die Wahrscheinlichkeit für eine Wiederholung des neu erlernten Verhaltens zu erhöhen. Dein Gehirn braucht also einen wirklich guten Grund, um zu dieses Verhalten von neuem abzuspielen und daraus ein echtes Habit zu formen.
Kaffeetrinken zu einer Gewohnheit werden zu lassen - ob wir wollen, oder nicht-, fällt uns alles andere als schwer. Der dahinterliegende Grund ist chemischer Natur. Dein Körper sehnt sich nach der Wirkung von Koffein. Aber für etwas Abstrakteres, wie regelmäßiges Training oder die Einnahme deiner Vitamine, sollte die Belohnung am besten deine Emotionen ansprechen. Was für dich gut funktioniert, weißt du selbst sicher am besten.
Hier mal ein Beispiel: Vielleicht stellst du fest, dass dir eine Yogaeinheit nach einem stressigen Tag hilft, dem Gedankenstrudel zu entkommen, dich inspiriert oder auf neue, kreative Gedanken bringt. Und jetzt befinden wir uns schon mitten im Habitkreislauf. Das Öffnen deiner Wohnungstür nach einem verrückten Tag auf Arbeit ist dein Auslösereiz. Dich in deine Yogaleggins zu schmeißen und für 20 Minuten Asanas auszuführen, ist dein Habit. Dich danach mit einem freien Kopf und Lust auf einen entspannten Abend wiederzufinden, deine Belohnung.Und mit ein bisschen Zeit und Wiederholung wird schlussendlich eine Gewohnheit geboren.
Beginne mit kleinen, einfachen Schritten
Positives verstärkt Positives. Und so ist es auch mit Habits. Gute Gewohnheiten erzeugen gute Gewohnheiten. Daher sollten wir die Entwicklung neuer Habits als Chance betrachten, bessere und gesündere Menschen zu werden. Eine großartige Strategie, ins Handeln zu kommen, ist es klein anzufangen. Und mit klein meinen wir wirklich klein. Denn nichts hält uns in unserer stresserfüllten, schnellebigen On- und Offlinewelt mehr vom Erreichen unserer Ziele ab als Überforderung. Fang also klein an, um Dinge in Gang zu bringen. Verhaltensweisen mit sehr geringem Aufwand sind beispielsweise täglich 8 Gläser Wasser zu trinken, vor oder nach der Arbeit einen 20-minütigen Spaziergang zu machen, deine Vitamine einzunehmen oder vielleicht einfach nur das allabendliche TV-Programm gegen ein paar Seiten in einem guten Buch einzutauschen. Nicht umsonst lautet das Motto bei myhabits: Start small. With good Habits.
Im Kanon der Selbsthilfeindustrie und illusorischen Selbstdarstellung auf Social Media scheint das Entwickeln guter Gewohnheiten nur noch eine Sache zu sein, für die man sich lediglich entscheiden muss. Meistens beginnt (und endet) die Entscheidung mit dem Erwerb eines teuren Coaching-Programms. Und dann: Let the magic happen. Mit der Hoffnung auf mühelose Veränderung lassen sich Neujahrsvorsätze 365 Tage im Jahr monetarisieren. (Zur Erinnerung: Etwa 80% der Neujahrsvorsätze schlagen innerhalb der ersten 30 Tage fehl.)
Statt uns also weiter an Hoffnungen zu hangeln und mit halbherzigen Vorhaben selbst hinters Licht zu führen, sollten wir besser über Wahrheiten reden. So gut es auch klingt, sich mit einem einfachen Hack oder ein paar Affirmationen zu einem gesünderen, sportlicheren, gütigeren und umweltbewussteren Menschen zu transformieren, kommen wir nicht umhin, der Realität ins Gesicht zu sehen - insofern wir es mit unseren Vorhaben tatsächlich ernst meinen. Die Wahrheit ist, dass es weder eine schnelle Lösung noch eine universelle Formel gibt, gute Habits aufzubauen.
Das liegt zum einen daran, dass die Bildung von Gewohnheiten zunächst einmal eine sehr persönliche Sache ist. Obwohl die Gewohnheitsbildung sich in einem gewissen neurobiologischen Rahmen beschreiben lässt, wird unser individueller Weg zum Erfolg von unserem eigenen Wissens- und Erfahrungsschatz beeinflusst. Um herauszufinden, welche Herangehensweise für uns die beste ist, müssen wir zunächst akzeptieren, dass nicht immer alles nach Plan laufen wird - ganz nach dem Trial-and-Error-Prinzip.
Deshalb ist die fixe Idee, dass es 21 Tage dauert, um neue Habits zu entwickeln recht irreführend. Laut einer Studie des University College London liegt die durchschnittliche Zeitspanne, bis sich eine neue Gewohnheit etabliert hat, bei 66 Tagen. Je nach Art der Gewohnheit und dem Aufwand, den wir dafür betreiben müssen, kann der Zeitraum zwischen 18 und 254 Tagen variieren. (Das gleiche gilt übrigens auch für das Ändern einer schlechten Angewohnheit.)
Um zu erfahren, was wirklich nötig ist, um ein neues Habit zu entwickeln, sollten wir uns zunächst die Mechanismen in unserem Gehirn ansehen, die dabei ablaufen.
Der Habit-Kreislauf
Der Habitkreislauf ist ein dreiteiliges Modell, das uns veranschaulicht, wie das Gehirn über einen länger andauernden Zeitraum und mit regelmäßigen Wiederholungen aus einem neuen Verhalten eine automatisch ablaufende Gewohnheit bildet. Ein Großteil der Forschung zu diesem Phänomen wurde von Dr. Ann Graybiel am Massachusetts Institute of Technology geleitet. In den späten 90er Jahren begannen Graybiel und ihr Team zu erforschen, wie bestimmte Faktoren, bspw. Verhaltensauslöser und positive Verstärkung, die Gewohnheitsbildung im Gehirn fördern.
Auf neurologischer Ebene beginnt ein neues Verhalten im präfrontalen Kortex. Das ist der Teil unseres Gehirns, der für Bewusstsein und kognitives Denken zuständig ist. Eine neues Habit zu entwickeln, ist deshalb zunächst ein Lernprozess, der unserem Gehirn viel Energie kostet. Daher fühlt sich ein neues Verhalten besonders am Anfang anstrengend an. Doch es gibt Hoffnung!
Wenn wir den Habitkreislauf nur oft genug wiederholen, werden statt der Großhirnrinde nun mehr und mehr die Basalganglien für die Ausführung dieses Verhaltens beansprucht. Dieser Bereich in unserem Gehirn wird mit instinktivem Verhalten und Routinehandlungen assoziiert. Mithilfe der Verlagerung des Verhaltens vom präfrontalen Kortex in die Basalganglien spart unser Gehirn Energie ein. Und genau das ist auch der Grund, warum es uns nach einer gewissen Zeit keine Mühe mehr macht, neuen Gewohnheiten nachzugehen.
Der Auslösereiz: Angenommen, du willst dir angewöhnen, jeden Tag deine Vitamine einzunehmen (Wir wissen, was gut ist ;-)). Besonders am Anfang braucht dein Gehirn eine Art Erinnerung, ein Signal, um die Einnahme deiner Vitamine zu einem Teil deiner täglichen Routine werden zu lassen. Dieses Signal dient als Auslösereiz für dein neues Verhalten.Für welche Erinnerung du dich dabei entscheidest, liegt ganz bei dir. Wissenschaftler empfehlen, dass das Signal regelmäßig und bestenfalls immer zur gleichen Tageszeit ausgelöst werden sollte. Beispielsweise könntest du das morgendliche Klingeln deines Weckers oder eine Erinnerung auf deinem Smartphone nutzen, mit deinem Habit zu starten. Pro-Tipp: Untersuchungen haben ergeben, dass es einfacher ist, eine Gewohnheit aufzubauen, wenn du sie mit einer anderen, gut etablierten Gewohnheit oder Routine verbindest. Das ganze nennt sich dann "Gewohnheitsstapelung". Unser Vorschlag: Du könntest deine Vitamine direkt in deine tägliche Morgenroutine einbauen. Oder einfach neben deine Kaffeemaschine stellen.
Habit: Als nächster Teil im Habitkreislauf folgt das Habit selbst, wobei das neue Verhalten einfach als Reaktion auf den von dir gewählten Auslösereiz ausgeführt wird. Das Ziel hierbei ist es, dass sich das Verhalten bei ausreichender Wiederholung zu einer automatischen Reaktion entwickelt: dein neues Habit!
Belohnung: Dr. Graybiel und ihr Team haben festgestellt, dass eine positive Verstärkung, also eine Belohnung, für das Erlernen neuer Gewohnheiten von entscheidender Bedeutung ist. Sie trägt wesentlich dazu bei, die Wahrscheinlichkeit für eine Wiederholung des neu erlernten Verhaltens zu erhöhen. Dein Gehirn braucht also einen wirklich guten Grund, um zu dieses Verhalten von neuem abzuspielen und daraus ein echtes Habit zu formen.
Kaffeetrinken zu einer Gewohnheit werden zu lassen - ob wir wollen, oder nicht-, fällt uns alles andere als schwer. Der dahinterliegende Grund ist chemischer Natur. Dein Körper sehnt sich nach der Wirkung von Koffein. Aber für etwas Abstrakteres, wie regelmäßiges Training oder die Einnahme deiner Vitamine, sollte die Belohnung am besten deine Emotionen ansprechen. Was für dich gut funktioniert, weißt du selbst sicher am besten.
Hier mal ein Beispiel: Vielleicht stellst du fest, dass dir eine Yogaeinheit nach einem stressigen Tag hilft, dem Gedankenstrudel zu entkommen, dich inspiriert oder auf neue, kreative Gedanken bringt. Und jetzt befinden wir uns schon mitten im Habitkreislauf. Das Öffnen deiner Wohnungstür nach einem verrückten Tag auf Arbeit ist dein Auslösereiz. Dich in deine Yogaleggins zu schmeißen und für 20 Minuten Asanas auszuführen, ist dein Habit. Dich danach mit einem freien Kopf und Lust auf einen entspannten Abend wiederzufinden, deine Belohnung.Und mit ein bisschen Zeit und Wiederholung wird schlussendlich eine Gewohnheit geboren.
Beginne mit kleinen, einfachen Schritten
Positives verstärkt Positives. Und so ist es auch mit Habits. Gute Gewohnheiten erzeugen gute Gewohnheiten. Daher sollten wir die Entwicklung neuer Habits als Chance betrachten, bessere und gesündere Menschen zu werden. Eine großartige Strategie, ins Handeln zu kommen, ist es klein anzufangen. Und mit klein meinen wir wirklich klein. Denn nichts hält uns in unserer stresserfüllten, schnellebigen On- und Offlinewelt mehr vom Erreichen unserer Ziele ab als Überforderung. Fang also klein an, um Dinge in Gang zu bringen. Verhaltensweisen mit sehr geringem Aufwand sind beispielsweise täglich 8 Gläser Wasser zu trinken, vor oder nach der Arbeit einen 20-minütigen Spaziergang zu machen, deine Vitamine einzunehmen oder vielleicht einfach nur das allabendliche TV-Programm gegen ein paar Seiten in einem guten Buch einzutauschen. Nicht umsonst lautet das Motto bei myhabits: Start small. With good Habits.